Die unbegrenzten Möglichkeiten

Wer sehen will, wie es um das freie Denken steht, betrete die Institutsflure. Dort hängt es aufgespießt an Korkwänden als Ankündigungen von Vortragsreihen und Workshops. Wer wissen will, wie es dazu gekommen ist, möge weitergehen auf PVC-Quadraten unter Neonlicht und Knöpfe drücken, die automatische Glastüren öffnen. Die Gänge sind fensterlos, hin und wieder kommt man vorbei an Fluchtplänen und Feuerlöschern, die hier nie jemand brauchen wird. Die in regelmäßigen Abständen folgenden Zimmertüren haben Raumnummern. Von dahinter leuchtet einen dasselbe Licht an wie auf dem Flur, spiegelt dasselbe Bodengrau, die Tische sind weiß, ihre Kanten abgerundet.

Es ist das hier die Tarnung für den verlängerten Geburtskanal, in dem bereitwillig weitergekrochen wird, bis am Ende der bessere Mensch dabei herauskommt. Damit ist eine unausgesprochene Hoffnung auf Belohnung verbunden, die Bereitschaft, sich erziehen zu lassen, entsprechend hoch. Bis es soweit ist, übt man sich in Richtigsagen, Selbstverdächtigung und Harmlosigkeit. Weil man noch unerprobt verwundbar ist, die eigene Haut empfindlich, als werde sie bereits aufs Spiel gesetzt, macht man sich kleingroß und schützt die offenen Flanken von Allesistmöglich. Was dabei hilft, ist die Ironie – auch als Schild gegen sich selbst, schließlich macht man sich von innen mindestens genauso angreifbar wie von außen.

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