Selbstbeschwörung

„Nazis raus!!!“ läuft als Digitalanzeige quer über die Rückseite des Helms des Radfahrers wie auf den Endlosreklamestreifen in Apothekenschaufenstern. Er fährt mit seinem Schriftzug durch das Viertel, in dem sich die Leute etwas darauf zugute halten, ganz bewusst Zeichen zu setzen. Er selbst aber sieht nicht aus wie einer von ihnen, eher wie einer, der alles hier scheiße finden müsste. Ob sein Aufruf die Leute meinen soll, an denen er mit aller Selbstgewissheit des Radfahrers vorbeibrettert? Weil das Viertel tatsächlich wie gesäubert scheint von Menschen dunkler Hautfarbe, Behinderter und Geringverdiener, als die so manche Söhne sich auf den Schulhöfen lachend beschimpfen? Es würde keiner verstehen, im Gegenteil ist ihm der Beifall hier so sicher, dass es dem Publikum zu billig ist, ihm zuzuklatschen. Vielleicht fährt er ja noch wohin, oder kommt von wo, wo sein Spruch was kostet? – Es wäre ihm zu wünschen. Hier fragt man sich bloß, was ‚raus‘ eigentlich heißen soll? Raus aus dem Kopf, den der Reklame-Helm schützt?

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