Es ist noch nicht lange her, dass ich die Kinder von Kleinbürgern Dinge sagen hörte, die eine gegenteilige Herkunft bezeugen sollten – da war man nicht Deutscher, sondern Europäer, sorgte sich um die Demokratie, war überzeugt, die Bildung (die einem von wem bezahlt wurde?) mache einen zu einem anderen, besseren Menschen (als?). Es wurden jede Menge Inhalte eingewechselt, über die nachzudenken, zu sprechen, sich zur Schau zu stellen sich mehr lohnen sollte als die der Eltern – und das mit vollem Recht, kommt doch niemand freiwillig als Kleinbürger zur Welt, wie ihn Thujahecke und Thermomix geschaffen haben.
Manche scheinen wirklich entkommen zu sein, nach langem Kampf, vor allem mit sich selbst. Andere sind im Dagegen steckengeblieben. Die mehreren haben sich den Dialekt abtrainiert, sind mobil und mehrsprachig geworden, haben auch mal über die Stränge geschlagen – als wären das nicht längst die neuen Erfordernisse des Marktes gewesen. Was ihnen geblieben ist, geradezu schicksalhaft – die Form, mit der sie die Welt betrachten. Neben dem alten Kleinbürger gibt es jetzt einen weiteren, akademisierten. Nicht mehr konkret auf die nächste Umwelt bezogen, im Nichtgespräch, sich offensichtlich an Vorurteilen hangelnd und klammernd, sondern Theorien anhängend, im Selbstgespräch, von den Ansprüchen der eigenen Bildung über die Maßen gefordert. Was sie aber eint und nicht voneinander loskommen lässt: Alarmiertheit, Vorgartendenken, geistige Mülltrennung, der Wille, andere so zu erziehen, dass sie genauso sind wie man selbst – besser noch mehr. Entsprechend niedrig wird das Niveau, wenn sie aufeinanderstoßen. Stil ist nicht ihres, umso größer die Anfälligkeit zu moralisieren. So wünscht man beiden die Erlösung – und die Erlösung von beiden in sich.