Dieses körperliche Stottern

Aus dem Fenster des Cafés beobachte ich eine Szene auf dem Rosenthaler Platz: Die Tram steht kurz vor der Abfahrt. Ein junger Mann mit Mütze rennt bei Rot über die Straße. Das Türsignal ertönt. Der Mann springt über das Geländer vor der Haltestelle, sich mit den Händen hinterm Rücken aufstützend schwingt er die Beine hinüber. Dann gleitet er zwischen den Türflügeln hindurch, die sich millimetergenau hinter seinem Rücken schließen.

Ich bewundere die Schönheit seiner zielgerichteten Bewegungen. Sie steht im Gegensatz zu all den unterbrochenen, die sich häufig an Menschen meines Alters beobachten lassen: Ihrer Funktion und Spontaneität beraubt, werden sie zu einem nutzlosen Energieverbrauch, der, statt in die Welt einzugreifen, die Handeln-Wollenden selbst verschleißt. Das zeigt sich an den Gesten des Alltags: Die nur mit einem Arm, zu langsam und zu zaghaft ausgeführte Geste, die das Gesagte hätte unterstreichen sollen. Der Handschlag, der nur die Finger des anderen ergreift. Die beabsichtigte Umarmung, die in einer Berührung der Schulter endet. Dieses körperliche Stottern überträgt sich auf die großen Bewegungen, die Vorhaben und Pläne, die, durch eine lustvolle Vorstellung in Gang gesetzt, von Momenten des Nachdenkens und dem Einbrechen der Wirklichkeit ausgebremst werden. Kurzfristige Absagen, Verspätungen, unklare Beziehungsverhältnisse und geistig-seelische Nichtanwesenheiten in nur halbbewohnten und an den Rändern erschlafften Körpern.

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