Bei merve zu lesen vier Gespräche zwischen dem sich selbst in Anführungszeichen setzenden Maoisten Joachim Schickel und Carl Schmitt. Vor allem ihre Diskussion über den Partisanen und das Freund-Feind-Thema ist fruchtbar, beide sind an der Sache orientiert, gegenseitige Wertschätzung ist zu spüren. Auch Benjamin und Taubes, beide selbst- oder fremdernannte Gegenspieler Schmitts, haben sich in ihrem Denken nicht unwesentlich auf ihn bezogen – zum Leidwesen mancher ihrer Anhänger.
Es gibt einige bekannte Beispiele für die aus heutiger Sicht verblüffende Bereitschaft, sich mit dem Andersdenkenden auseinanderzusetzen: Brecht und die Brüder Jünger trafen einander in den Berliner 1920ern noch mehrmals zu Lagebesprechung und gemeinsamer Rauschgifteinnahme. Gehlen und Adorno unterhielten sich 1966 im Südwestfunk in schon kurios gewordener Höflichkeit über Notwendigkeit und Zerstörungskraft der Institutionen. Heiner Müller, selbst noch beim alten Jünger in Wilflingen zu Gast, grüßte Klassenfeind Gómez Dávila symbolisch über den Graben.
Man kann es sich bildlich vorstellen: Der drüben-gebliebene Dramatiker und der für immer vom Pferd gefallene Dandy aus Kolumbien, beide die Zigarre vorm Mund, nicken einander wissend zu, während im Graben die Meinungskämpfe toben. – Es braucht eine gewisse Höhe, im Denken und im Selbstverständnis, um dem Feind gelassen begegnen zu können, der, mit Schmitt gesprochen, „eigenen Frage in Gestalt“.