Zu Robert Walsers „Der Gehülfe“

Manche Menschen haben ihr Leben lang das Gefühl, Schüler, Angestellte, Untergebene zu sein. Das sind nicht die wesensmäßig Gehorchenden und Erfüllenden, denn die gehen auf in dieser Seinsart und bemerken sie nicht.

Die sich immer als Schüler Fühlenden sind die, die sich in der Anwesenheit von Autoritäten (und Geliebten) ihrer Bewegungen und Sprechweise allzu bewusst werden, sich ungelenk fühlen. Sie sind zugleich übertrieben höflich und folgsam und tollpatschig. Untergründig sind sie wütend über ihre Anpassungsreflexe und ihren Wunsch zu gefallen, ihre Abhängigkeit vom Urteil anderer. Ihre Fehlleistungen sind halbe Absicht. Wehren sie sich einmal offen, tun sie es unangemessen heftig und erschrecken darüber.

Sie sehen die Würdelosigkeit des Gehorsams. Sie wundern sich aber auch über die Grobheit derjenigen, die über alle Forderungen der Welt einfach hinweggehen oder stolpern, weil sie sie schlicht nicht sehen.

Sie haben einen genauen Blick, sie sehen den anderen die Stimmungen an, und sie sehen, wie die anderen mit anderen unter ihnen umgehen und ziehen daraus ihre Schlüsse.

Sie haben starke mimetische Impulse, sie gleichen sich in Tonfall und Wortwahl an.

Mit schlechtem Gewissen und Freude nutzen sie die Schlupflöcher, machen Pause, sind schludrig, schlafen lang, werden krank.

Sie zweifeln sowohl an ihrer persönlichen Integrität als auch an ihrer Erfüllung der Erwartungen, dabei ist beides wahrscheinlich stärker ausgeprägt als bei den Durchschnittsmenschen.

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