Als letzte Woche beim Europameisterschaftsvorrundenspiel zwischen Dänemark und Finnland der Däne Christian Eriksen ohne Fremdeinwirkung auf den Rasen fiel, dort seltsam unbewegt liegen blieb, man schließlich seine ins Nichts starrenden Augen sehen konnte, war es, als kehrte ein Gegner aus uralter Zeit zurück, von deren Moder er sich Schockwellen verbreitend abschüttelte. In das Spiel brach das ganz Andere herein, und trotz der Reden vom Fußball als Kriegsersatz, von der durch ihn entfachten Leidenschaft und der Tragik, die in ihm liegt, wurde offenkundig, dass er nicht zum Elementaren gehört, sondern allenfalls ein Abglanz davon ist. Man musste die bis dahin eher uninteressante Begegnung mitverfolgt haben, um das Fallen des unsichtbaren Schleiers in seiner Plötzlichkeit erleben zu können – jenes Schleiers, in den wir uns eingehüllt haben, um uns nicht auseinandersetzen zu müssen mit der Ungewissheit und der Unkontrollierbarkeit, die uns in Wirklichkeit allezeit belauern mit der Geduld der Geier vor dem verendenden Tier.
Eriksen aber schien von der Biestigkeit eines Jungvogels getroffen worden zu sein, als wollte hier ein Beleidigter, der sich zu wenig gewürdigt glaubte, den allzu Diesseitigen seine Fähigkeiten in Erinnerung rufen. Die Ausdrücke des Schreckens in der Berichterstattung und den Foren zeigen, dass es gelungen ist. Dass man sich mit Gegenmaßnahmen zu helfen wusste, notfallmedizinischen wie rationalisierenden, ändert daran wenig. Eriksen wird immer noch sterben, irgendwann später, wie wir auch. Im Barock wusste man das noch, aber es war bereits fragwürdig geworden, sonst hätte man nicht so viel davon dichten und darstellen müssen – Dreißigjähriger Krieg hin oder her. Vielleicht ahnte man damals bereits, dass das Bewusstsein vom Tod schlecht ist fürs Geschäft, abgesehen vom Bestattungswesen und der Unterhaltungsindustrie, die hilft, die verdrängte Angst bei Bedarf – und der ist groß – wie durch eine Drainage abfließen zu lassen.
Vom echten Tod, der eine Gewalt ist (ich würde ja auf Mord plädieren), wollen wir weiterhin nichts wissen. Wir rennen in Aktionismus davon oder machen uns vorsorglich zu Untoten. Ohne die Religion sind wir an uns selbst gefesselt, dürfen uns nicht aus den eigenen Armen lassen. Dem Individualismus ist der Tod nicht erst das, sondern bereits der Andere: Die Grenze, die die Nächsten ziehen – vielen ist sie wie ein Vorgeschmack auf die letzte Grenze, die festsetzt, was wir gewesen sein werden. Deshalb die vielen Rückzüge, das Verharren in den Möglichkeiten, die Angst, sich zu entscheiden – denn Entscheidung tötet, zumindest einen Teil von uns. – Dreht man das, aber heißt es: Erst in der Annahme des Todes nehmen wir Gestalt an.