Alltag

Vom Warten

Früher war Warten Zeitverschwendung. Ich wollte schnell fertig werden, woandershin, wo was passiert, die Zeit nützen, deshalb zumindest ein Buch dabei haben, das sich aber nie so recht lesen ließ, denn das Warten war nicht einfach nur Dasitzen oder Dastehen, das Warten war Gezogenwerden, Eingespanntsein in eine Frist, das immer etwas abfließen ließ von der […]

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Die Vipern

Manche gehen durchs Leben, als hätten sie einen Termin mit ihm vereinbart, den es jetzt gefälligst einzuhalten hat. Sie deuten die eigenen Unzulänglichkeiten um zu einem Vorrecht auf besondere Behandlung, das eigene Leiden als Anlass zur Bewunderung. Sind sie von anderen abhängig, sehen sie den Diener in ihnen. Worin sie nicht gut sind, das wird

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Die Rückkehr der Dinge

Manchmal meine ich eine Ahnung zu haben, wie die Dinge sich zeigen könnten, wenn das Leben, allmählich, zuende geht. Die Monate und die Wochentage werden dann alte Bekannte sein, Begleiter, auf die man jederzeit zählen konnte. Dienstag, Mittwoch, September – man nickt ihnen zu zum Gruß und schätzt ihre Gegenwart. Selbiges beim Tag, dem Mond,

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Der Wal als Spiegel

10 Jahre Berlin. Anlass, wieder einmal nachzudenken über damals, als ich hier ankam, oder aufschlug, wie gesagt wird, weil es irgendwie wilder klingt oder abgebrühter. Ich war damals, gerade noch, selbst in dem Alter, in dem man diese Abgebrühtheit haben oder, weil man sie nicht hat, ausstellen will, um vorzugeben: Ich weiß Bescheid, mir macht

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Kants Erben

Vor der Arztpraxis wartet ein dicker Mann im Anzug, in der Hand eine Aktentasche. Alles an ihm strahlt missmutige Anspannung und die Bereitschaft aus, einem beliebigen anderen dafür die Schuld zu geben. Als sein Handy klingelt und er abhebt, richtet er sich auf und fordert den Anrufenden in professionellem Tonfall auf, ihn in zwei Stunden

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Aus der Nische

Wenn andauerndes Beauftragtsein selbst die kleinsten Nischen abflacht, in denen man, zumindest kurz mal, verschwinden möchte, durchatmen, einen Gedanken fassen, ganz nutzlos, möglicherweise schön. Dann verschwindet man in etwas anderem, werkzeugähnlich, klar ausgerichtet, Nicht-Ich wie nichtig. Manche suchen das: Selbstauflösung im Ganzbeanspruchtsein, keine Probleme mehr mit sich und dem, das da denkt. Drücken die Flügel

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Zur Sicherheit (1)

Man erhält zur Sicherheit keinen Warnhinweis: Bei dauerhaftem Gebrauch Gefahr größer werdender Selbstunterbietung. Wie hoch der Preis der Sicherheit ist, wird verschwiegen. Mag sein, weil sie vielen wie umsonst erscheint – denen, die nie genialisch waren oder sich so fühlten. Oder aber es haben zu wenige auf der Freiheit gekippelt, ein Abgrund vorne, einer hinten.

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Kraft mal Weg

Unten, wo die Umkleiden sind und die Pumper, übertüncht den Schweißgeruch eine ranzige Süße. Die Schließfächer, glatt und dunkel, scheinen überzogen von einem klebrigen Film aus Deo und dem Desinfektionsmittel, unter das einer mit schädeliger Frisur die Hände hält. Es läuft elektronische Musik, ohne die es hier still wäre, weil niemand etwas sagt, höchstens einmal

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Kinder Gottes

In der geräumigen, schwach ausgeleuchteten Wohnung fand die Geburtstagsfeier von Julia statt. Die Kinder spielten Räuber und Gendarm und rannten durch den gewundenen Gang und die zahlreichen holzvertäfelten Räume. Ich saß auf einem schwarzen Ledersessel im Wohnzimmer, vordergründig in ein Buch vertieft und hörte ihr Lachen und Schreien. Wie alle fremden Kinder, die sich in

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Die guten Gegner

Im Schulsport sollten wir Bockspringen. Das war unter den pubertierenden Mädchen nicht beliebt, viele trauten sich nicht recht, bremsten ab, blieben hängen. Am Tag der Notengebung ging es im Probelauf genauso. Als wir aber geprüft wurden, sprang ein Mädchen nach dem anderen mühelos hinüber, als hätte sich die Gruppe plötzlich darauf geeinigt, dass dies eine

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Herr und Knecht

Auf dem Gehweg vor mir eine kleine, dickliche Frau, links und rechts die Einkaufstaschen in Händen. Sie keucht durch ihren Mundschutz, den sie nicht abgesetzt hatte, nachdem sie aus dem Supermarkt gegangen war, dem günstigeren der beiden nah beieinanderliegenden. Eine andere Frau, von dem Schlag derer, die sich afrikanische Löwenhunde zulegen, fährt auf dem Fahrrad

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Auch einmal nachdenkend über den geglückten Tag

Soll man jeden Abend den noch nicht gelobten Tag prüfen, fragte ich mich letztens ohne echte Veranlassung, erinnerte mich aber sogleich, dass nicht unbedeutende Philosophen, vielleicht sogar Weise (ich bin nicht mehr sicher, welche), dringend dazu raten. Ich meine, auch Lebensratgeber tun das, Berufsratgeber sowieso, um die Leser anzuhalten, beständig an sich zu arbeiten. Drei

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Der falsche König

Der Sohn saß mit gesenktem Kopf auf dem Friseurstuhl, in den Händen das Gerät, auf dem es Punkte zu sammeln galt oder Gegner zu zerstören oder Hindernissen auszuweichen. Ihm wurden die Haare geschnitten von einer Friseurin ganz in Schwarz, über deren Können aus dem Hintergrund, mit über die Stirn geschobener Sonnenbrille, die Mutter wachte. Bei

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Geschafft haben, geschafft sein

Beim Vormittagsspaziergang durch die gesäuberten Viertel in Prenzlauer Berg überall Zeugnisse davon, dass hier lebt, wer sich selbst gehorcht. Wer sich nämlich nicht selbst gehorcht, muss anderen gehorchen – sagte auf Bibeldeutsch schon Nietzsche und sprach vom Willen zur Macht. Leistung muss sich lohnen, sagen die bürgerlichen Parteien – dass sie die Selbstdisziplinierung mitmeinen, bleibt

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Die ganze Wahrheit

Die kurze Form fordert die Bereitschaft zur Halbwahrheit. Dabei wird einem an den Universitäten, zumal in den Geisteswissenschaften, doch beigebracht, zu differenzieren. „Aber das kann man so nicht sagen!“, höre ich schon jemanden rufen, die Hand noch nicht einmal erhoben, um dem Seminarleiter zu zeigen, dass er einen Gegenstand auch aus anderen Blickwinkeln zu betrachten

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9 Strategien gegen Arbeits- und Motivationsstörungen

Versklave Dich selbst. Du wirst die Freuden des Sklavenhalterdaseins kennenlernen. Wenn Du Dich deshalb schuldig fühlst, kannst Du Dich mit noch mehr mühevoller Arbeit bestrafen.   Erkläre Dich zu Gott: Dein Werk ist die Essenz dieses Werks, die Essenz des Essays, die Essenz des Kuchens, die Essenz der Excel-Tabelle: Stell Dir eine Weltordnung vor, in

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Nachmittag im Freien

Es gibt Augenblicke der Muße, die eignen sich besser zum Schreiben als der in Gras und Halbschatten verbrachte Nachmittag mit leichtem Wind zwischen den Birken und Vogelgezwitscher. Auch das Lesen fällt schwer, so wie im Fernzug, wenn der Blick durch die getönten Scheiben zu den Landschaften geht. Ich kann nicht sagen, ob es die Fülle

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Vermischtes

Ich möchte gerne morgens vor mir aufstehen, dann könnte ich ein paar Stunden von mir unbehelligt meine Arbeit tun, und den Rest des Tages würde ich mich zum Spazieren ausführen, mich unterhalten, mich füttern usw. Frühjahrszeit ist Kopfschmerzzeit. Die Dinge passen nicht zusammen: Das Sonnenlicht und die Kälte, das aufbrechende Leben und die eingerosteten Glieder

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